Zum ersten Mal eine Steintreppe bauen, zum ersten Mal Surfen, zum ersten Mal einen Wal und Bären gesehen.
Zwei Wochen voller erster Male liegen hinter mir. Aber erst einmal der Reihe nach.
Mein HelpX-Aufenthalt bei Chris in Ucluelet, der mir anfangs nicht so gut gefallen hatte, wurde im Laufe der Woche zu einem echten Highlight. Wie ich kurz berichtet hatte, begann ich am zweiten Tag damit zusammen mit Jan und Janko, zwei deutschen Travelern, an der Steintreppe im Garten zu arbeiten. Was zu Beginn hauptsächlich aus dem groben Zuschneiden der Steinplatten bestand, entwickelte sich zu einem tollen und Kreativität erfordernden Projekt, das mir zunehmend Spaß machte. Janko und ich arbeiteten bis letzten Freitag daran und wurden, wenn auch äußerst knapp, mit allem fertig.
Obwohl mein Rücken von Tag zu Tag mehr schmerzte war ich froh, dass ich bis Freitag dort geblieben war. Ursprünglich hatte ich nämlich geplant schon am Donnerstag in Richtung Tofino aufzubrechen, wollte das Projekt aber nicht halb fertig zurücklassen und entschied mich schlussendlich doch dazu eine Nacht länger zu bleiben.
Das zahlte sich noch einmal zusätzlich aus, weil Janko und ich am Donnerstag noch mit den Kajaks auf die Bucht vor Ucluelet fuhren und einige tolle Momente erlebten (Bilder folgen später).
Surfen in Tofino
Als ich am Freitag in Tofino ankam war das Wetter betrübt und vom Himmel sprühte der Regen. Es war gefühlt mehr eine Art von Gischt als Regen, störte mich also nicht besonders. Im Hostel traf ich zwei Bekannte aus Banff und im Laufe der folgenden Tage bildete sich eine coole Truppe aus Travelern, mit denen ich jeweils verschiedene Dinge unternahm. Freitag war wie gesagt nicht besonders prickelnd, für Surfen war es zu spät, Touren gab es an dem Tag auch nicht mehr, also verbrachte ich den Großteil der Zeit mit „Traveltalk“ im Wohnzimmer des Hostels, das ganz nebenbei zu einem der besten Hostels gehörte, das ich jemals besucht hatte. Es befindet sich direkt am Wasser und ist sehr, sehr sauber und gepflegt. Einziger Wermutstropfen war das Internet, das sich als das Schlechteste seit Beginn meiner Reise erwies. Für alle Traveler, die es interessiert: das Hostel heißt Whalers on the Point und gehört zur „Hosteling International“-Gruppe.
Der nächste Tag begann wettertechnsich nicht viel besser als der Tag zuvor, mit dem Unterschied, dass unser heutiger Plan wetterunabhängig war. Surfen! Wer in den Surfort Tofino kommt, muss das eigentlich machen, dachte ich mir. Gesagt getan, mit Wetsuit (Neoprenanzug), Surf- und Handschuhen ausgestattet ging es zu einem der nahegelegenen Strände. Zu viert bekamen wir quasi drei Stunden Privatunterricht. Für 68$ noch dazu ziemlich preiswert. Von den Trockenübungen am Strand gingen wir schnell über in die Praxis ergo ins Wasser, das trotz Neppernanzug recht kalt war. Zu meiner Überraschung klappten meine ersten Versuche auf das Board zu stehen recht schnell. Ich war so motiviert, dass ich schlussendlich sogar kleinere Kurven mit dem Board surfte und mich auch auf die größeren Wellen traute. Dieses Event hatte sich mehr als gelohnt. Vor allem vor dem Hintergrund, dass ich in nicht einmal zwei Tagen im Surfparadies Hawaii landen werde.
Nach dem Surfkurs war ich kaputt. Mehr als kaputt. Einmal mehr spürte ich, wie sehr das Ankämpfen gegen Wasser nicht nur enorm kräftezehrend sondern auch durstig macht, denn Salzwasser kommt, ob man will oder nicht, irgendwie immer in den Mund. Das Einzige, was an diesem Tag noch passierte war, dass ich nach ein paar erfolglosen Versuchen einen Mittagsschlaf zu machen, mit den anderen in den Pub ging.
Bären, viele Seelöwen und ein halber Wal
Der nächste und leider auch schon letzte Tag in Tofino begann um acht Uhr morgens. Frühstück und direkt im Anschluss das Buchen der für den Tag anstehenden Tour. Genannt wird sie die Hot Springs Cove Tour (Heiße Quellen Bucht Tour, wenn man es wortwörtlich ins Deutsche übersetzt). Das Tolle an dieser Tour, so wurde mir erzählt, sei die Chance neben den heißen Quellen auch Wale, Bären und Seelöwen zu sehen. Genau die Tour für mich, denn obwohl ich schon seit fast acht Monaten in Kanada bin, habe ich vergleichsweise wenige Wildtiere gesehen. Außerdem kamen die Hot Springs meinen vom Surfen verkaterten Muskeln gerade recht.
Die Tour begann auf einem kleinen Boot und insgesamt zehn Personen plus Skipper. Eineinhalb Stunden Fahrt lagen vor uns, die sehr schnell vorbei gingen. Zunächst hieß es, dass an einem der Strände ein Rudel Wölfe unterwegs sei. Wir mussten sie wohl knapp verpasst haben, denn an besagtem Strand passierte außer dem Schwappen der Wellen nicht sonderlich viel. Mit dem nächsten Ziel hatten wir allerdings mehr Glück. Schwarzbären. Was zunächst nach zwei unbedeutenden, schwarzen Punkten aussah, verwandelte sich mit abnehmender Entfernung zu einem Schwarzbärjungem, das mit seiner Mutter am Ufer nach Futter suchte.
Bären! Endlich wurde ich meinem Namen gerecht und war tatsächlich „unter Bären“. Das war schon ein tolles Gefühl, diesen wilden Tieren gegenüber zu stehen.
Nach diesem tollen Erlebnis war unser nächstes Ziel die Anlegestelle zu den Hot Springs. Von hier aus führte ein Wanderweg durch den Urwald der Westküste Vancouver Islands bis zur Spitze einer Landzunge, wo sich versteckt in Felsen die heißen Quellen befanden. Kurz bevor wie ankamen, wehte uns ein übler Schwefelgruch entgegen, der aus einem kleinen Bach heraufstieg. Am Ende des Baches floss das Wasser über eine kleine Klippe hinunter in eine Felsspalte und weiter ins Meer. Wir hatten Glück: es waren nur wenige Menschen da. So hatten wir zweieinhalb Stunden Zeit, in denen wir das 42° Grad heiße Quellwasser genossen.
Nachdem wir noch eine nette Begegnung mit einem Hund gemacht hatten, der aus dem benachbarten Dorf jeden Morgen zu den Hot Springs schwimmt (!), um den Touristen Futter abzuluchsen, machten wir uns wieder auf den Weg zurück zum Boot. Die kommende Bootfahrt war nichts für schwache Mägen. Der Skipper schien hochmotiviert zu sein für uns Wale zu finden und fuhr in einem dementsprechenden Tempo. Hinzu kamen Wellen, da wir dieses Mal auf dem offenen Meer fuhren. So kam es, dass etwa ein Drittel der Leute den Großteil der Rückfahrt nur bedingt bzw. mit dem Kopf über der Reling genießen konnten.
Obwohl ich zunächst dachte, dass es mir ähnlich ergehen würde, wurde ich nicht seekrank. Zwar konnte auch ich den Bruchteil der Grauwalflosse, die plötzlich auftauchte nicht mit dem Fotoapparat einfangen, zumindest kann ich nun aber behaupten einen Wal gesehen zu haben 😉
Außerdem waren da ja noch die Seelöwen…
… und abends der Sonnenuntergang.
Der Tofino-Trip war zwar kurz gewesen, das was ich erlebt habe hatte sich aber allemal gelohnt. Hier sitze ich nun in Bellingham im Hotel und warte darauf, dass ich am Donnerstag zusammen mit Justine, Emily und Simon nach Hawaii fliege. Die Einreise verlief übrigens ziemlich easy, obwohl man das Gefühl vermittelt bekam ein unbekanntes, potenziell gefährliches Wesen zu sein. Nichtsdestotrotz, ich freue mich sehr auf meinen 58 Tage langen USA-Aufenthalt.
Bis zum nächsten Artikel, dann aus Hawaii.